Precious

Filmcasino 5.4.

Regie: Lee Daniels

Die Meinungen zu Precious gehen weit auseinander. Eine politisch löbliches Milieustudie sehen die einen, während die anderen sich über einen rassistischen Sozialporno empören. Man muss kein Aristotelianer sein, um festzustellen: Keine dieser extremen Ansichten ist richtig. Als Kunstwerk ist der Film gescheitert. Regelmäßig werden kitschige Tagtraumszenen eingeblendet, die aus Sicht der jungen „Heldin“ zwar authentisch sein mögen, aber die ästhetische Statik eines Milieufilms arg ins Wanken bringen. Die Filmmusik hilft auch nicht weiter. Sie schwankt zwischen pathetischem Kitsch, schwarzer Folklore und musikalischer Ironie.

Zu Beginn wirkte auf mich alles hochgradig unauthentisch. Langsam findet man sich in die (missglückte) Erzählweise und wird dann regelmäßig von den oben beschriebenen Einschüben wieder herausgerissen. Was die Handlung angeht, wird dem Leser eine Unterschichtstragödie geboten mit allem, was den Bobo wohlig erschauern läßt: Gewalt, Inzest, Dummheit in diversen Abstufungen. Das wirkt an manchen Stellen tatsächlich sozialpornographisch. Nur die Hauptfigur Precious wird hier behutsamer behandelt.

Warum der Film gescheitert ist, erkennt man am besten, wenn man ihn mit anderen Milieufilmen vergleicht. Man nehme den großartigen Aki Kaurismäki, der das Kunststück schafft, Unterschichtdramen zu erzählen ohne die Protagonisten zu denunzieren. Das ist große Filmkunst. Precious dagegen ist ein peinlicher Versuch des Mainstreamkinos sich diesem Thema zu nähern. Man kann Oprah Winfrey nur raten, sich wieder auf Bücher zu konzentrieren, anstatt sich an politisch wohlgemeinten Filmproduktionen zu versuchen.

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