Über Alexander von Humboldt
Brief an Christian Gottfried Körner vom 6. August 1797:
Ueber Alexandern habe ich noch kein rechtes Urtheil, ich fürchte aber, trotz aller seiner Talente und seiner rastlosen Thätigkeit wird er in seiner Wißenschaft nie etwas Großes leisten. Eine zu kleine unruhige Eitelkeit beseelt noch sein ganzes Wirken, ich kann ihm keinen Funken eines reinen objectiven Interesses abmerken, und wie sonderbar es auch klingen mag, so finde ich in ihm, bei allem ungeheuren Reichthum des Stoffes, eine Dürftigkeit des Sinnes, die bei dem Gegenstande, den er behandelt, das schlimmste Uebel ist. Es ist der nakte, schneidende Verstand der die Natur, die immer unfaßlich und in allen ihren Punkten ehrwürdig und unergründlich [!] ist, schaamlos ausgemessen haben will und mit einer Frechheit, die ich nicht begreife, seine Formeln die oft nur leere Worte, und immer nur enge Begriffe sind, zu ihrem Maaßstabe macht. Kurz mir scheint er für seinen Gegenstand ein viel zu grobes Organ un dabey ein viel zu beschränkter Verstandesmensch zu seyn. Er hat keine Einbildungskraft und so fehlt ihm nach meinem Urtheil das nothwendigste Vermögen zu seiner Wißenschaft – denn die Natur muß angeschaut und empfunden werden, in ihren einzelnsten Erscheinungen, wie in ihren höchsten Gesetzen.