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Dieser kleine Erzählungsband ist meine erste Bekanntschaft mit dem oft als Prosakünstler ersten Ranges gelobten Autor. Dass Bunin in der klassischen russischen (und damit europäischen) Erzähltradition steht, ist offensichtlich. Seine von der literarischen Moderne unberührten Texte sind bis ins Detail durchkomponiert. Man wird teilweise an Thomas Mann erinnert und es ist wohl kein Zufall, dass sich dieser über den russischen Kollegen wohlwollend äußerte.
Die frühe, das paternalistische Gutshofsleben verklärende Erzählung „Antonäpfel“ ist von einer kaum erträglichen Süßlichkeit. Erfreulicherweise ist in seinen reifen Werken wie „Der Herr aus San Francisco“ nichts mehr davon zu finden.
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Unbedingt lesenswert und Bunin at his best:
Die düsteren Erzählungen ‚Suchodol‘ & ‚Das Dorf‘.
2011 zusammen in einem Band in einer neuen und vielgelobten Übersetzung im Schweizer Dörlemann Verlag aufgelegt:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/iwan-bunin-das-dorf-suchodol-ganz-russland-ist-ein-dorf-11603717.html
Eine weitere Empfehlung aus Russland:
‚Die Herren Golowlew‘ von Michail Saltykow.
1875 erschienen und als Familienchronik angelegt, wird darin bezwingend der moralische, sittliche, geistige und physische Verfall innerhalb dreier Generationen einer kleinadeligen Gutsbesitzerfamilie geschildert.
In seinem Heimatland gilt Saltykow, der sich u.a. mit sog. ’satirischen Märchen‘ einen Namen gemacht hatte, längst als wiederentdeckter Klassiker.
Die aktuellste deutsche Übersetzung der ‚Herren Golowlew‘ aus den 60er Jahren von Ena von Baer, erschienen im Insel-Verlag, ist recht modern und auch heute noch gut lesbar.
In einer kurzen Vorstellung im Spiegel im Jahr 1965 wurde Michail Saltykow gar als ebenbürtiger Zeitgenosse Dostojewskis und Tolstois bezeichnet, siehe:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46274277.html
Ein kleiner Auszug aus Kindlers Literaturlexikon zu den ‚Herren Golowlew‘:
>>Der erste und einzige Roman des russischen Satirikers Saltykow gilt als eines der markantesten Werke des russischen kritischen Realismus. In ihm wird erstmals die Geschichte der Leibeigenschaft und des Untergangs des russischen Landadels in ihren ökonomischen, gesellschaftlichen und geistigen Zusammenhängen gesehen, analysiert und ohne idyllische Beschönigung bis ins Detail künstlerisch plastisch dargestellt.
Der renommierte russische Kritiker D. Mirskij nennt den Roman, der Tolstois u. Turgenjews zweitgenössische Darstellungen teilweise entscheidend korrigiert, das „düsterste Buch in der russischen Literatur, und dies umso mehr, als diese düstere Wirkung auf die einfachste Weise ohne theatralische oder aufsehenerregende Mittel erreicht wird…“<<