Münchner Philharmoniker (Mozart, Mahler)

Mozart: Symphonie C-Dur, KV 338
Mahler: Symphonie Nr. 6 a-Moll
Wiener Musikverein 16.6.
Münchner Philharmoniker
James Levine

Ich weiß nicht, was mich mehr ärgern soll, die alles in allem sehr effekthascherische Mahler-Interpretation Levines oder meine Reaktion darauf: ich fand sie mitreissend. Mag man auch denken, Pierre Boulez‘ Herangehensweise sei „ästhetisch korrekter“, mag man das Übertreiben ins Dämonische erkennen, mag man schließlich der Auffassung sein, Mahlers Werke seien auch ohne interpretatorische Überspitzung wirkungsmächtig genug, der Abend war trotzdem fulminant.

Seit Dezember beschäftige ich mich nicht selten mit Celibidache und den Münchner Philharmonikern, ein Orchester das ich bis dahin sträflich unterschätzte. Im Konzert hörte ich sie gestern zum ersten Mal und fand meine Einschätzung bestätigt, nämlich dass sie definitiv in die erste Reihe der orchestralen Klangkunst gehören. Selten habe ich ein Orchester so enthusiastisch gesehen, freilich sitze ich auch selten in der ersten Parterreloge, wo man einen ausgezeichneten Blick auf das Geschehen hat. Levine trieb das Orchester mit seinen gemurmelten „wonderfuls“ offenbar tatsächlich zu Höchstleistungen an.

Die sechste Symphonie, 1904 entstanden, gehört zu den düstersten Kompositionen Mahlers. Pessimismus und Verzweiflung dominieren. Man stellt sich die Frage, warum in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg viele Werke geschaffen wurden, die man heute gerne als „prophetisch“ bezeichnet. Kafkas Texte wären ein weiteres Beispiel, oder Musils „Törleß“. Darauf eine Antwort geben zu wollen, erscheint aussichtslos, vermutlich hängt es aber mit einem adäquaten Verständnis der menschlichen Natur zusammen.

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