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Nach den „Buddenbrooks“ erschien es mir passend, das umfangreiche Kapitel aus „Die Welt als Wille und Vorstellung“ zu lesen, das Senator Thomas Buddenbrook zu einem philosophischen Erweckungserlebnis führt, ein Erlebnis, das freilich nach ein paar Tagen wieder verblasst.
„Über den Tod und sein Verhältniss zur Unzerstörbarkeit unsers Wesen an sich“ lautet der volle Titel des Abschnitts. Wohl wissend, dass mir dieses metaphysische Wühlen denkbar fern steht, war ich doch betroffen, wie schlecht (handwerklich gesprochen) Schopenhauer seine Argumente präsentiert.
An vielen Stellen fehlt buchstäblich jegliche Logik: Es wird innerhalb eines Arguments nicht nur beliebig zwischen unterschiedlichen Abstraktionsebenen gewechselt und semantisch an Blähsucht leidende Begriffe verwendet, sondern auch regelmäßig rhetorische Tricks eingesetzt (was ist hier dem intelligenten Menschen nicht alles evident und man muss ja ein ausgemachter Trottel sein, wenn man ob dieser genialen Welterklärung nicht in Verzückung gerät …)
Einige von Schopenhauers „empirischen“ Beobachtungen hätten schon einer zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Überprüfung nicht stattgehalten, selbst wenn man von dem unmotivierten Hin- und Herspringen zwischen angeblich naturwissenschaftlichen und metaphysischen Begriffen höflichkeitshalber absieht.
Vor dieser Ausgangslage hilft es auch nicht weiter, brutal aus dem theoretischen Zusammenhang gerissene Zitate klassischer Philosophen als Stützen heranzuziehen. Vergleicht man das (formale) Denkniveau Schopenhauers mit einem brillanten Kopf wie Kant, könnte man vergleichsweise unfreundliche Gedanken über die Entwicklung der deutschen Philosophie in den Jahrzehnten nach dem Königsberger anstellen…