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Vor vielen Jahren las ich Friedells „Kulturgeschichte Griechenlands“, an die ich mich als gut geschriebene Einführung erinnere. Warum also nicht eine ausführlichere Beschäftigung mit dem alten Ägypten mit Friedell beginnen?
Ich traute meinen Augen kaum, welchen Unsinn das erste, einführende Kapitel enthält. Der Autor zieht noch die schrägsten „Theorien“ heran, um einige seiner weltanschaulichen Hypothesen („Geschichte ist eine Vision und ein Glaube“, S. 31) zu rechtfertigen. Wer also wissen will, was die Vorläufer Erich von Dänikens in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts so schrieben, wird hier mit konzisen esoterischen Zusammenfassungen bedient.
Dass „grober Unfug“ noch eine schmeichelhafte Bewertung ist, mögen folgende Beispiele illustrieren:
So materialistisch-biologisch lässt sich das Rätsel [der historischen Vision; CK] freilich nicht lösen. Sondern durch Gottes prästabilierte Harmonie stehen wir mit allen Kreaturen, die er je geschaffen, in dauernder Kryptogamie. (S. 33)
Aber bei den Atlantiern war die Telepathie zur Telekinese und Teleplastik gesteigert, zur Kraft der Fernbewegung, Fernstrahlung und Materialisation. Wenn uns dies märchenhaft vorkommt, so kommt es daher, daß wir zwei Fähigkeiten verloren haben, die sie noch besaßen. (S. 44)
Und als drittes größtes Übel [in Atlantis!; CK] trat hinzu der Verstand, das rationelle Denken, das magische Kräfte versiegen machte. Die Atlantier lernten urteilen und schließen, kalkulieren und kombinieren und verloren darüber die mystische Gemeinschaft mit der Natur […] Und mit dem Urteil erwachte der Dünkel, mit dem Kalkül der Eigennutz. Und Atlantis versank […] [S.46/47]
Indes sind wir der Meinung, daß in den Erdzeitaltern und ihren charakteristischen Faunen und Floren nicht lediglich geologische und paläontologische, sondern in erster Linie metaphysische Kategorien zu erblicken sind. Die Saurier verschwanden, weil ihre Zeit um war […] Es sind die Gedanken Gottes die kommen und gehen […] (S. 53)
Das ist nun alles sehr amüsant und vergnüglich zu lesen, insbesondere wenn man sich für die Irrationalismen der Vorkriegszeit interessiert. Die Frage, wie man in den dreißiger Jahren in der Stadt des Wiener Kreises noch solchen Unsinn schreiben konnte, stellt man allerdings besser nicht.