Bevor ich in einer Woche zu einer Studienreise in die Westtürkei aufbreche, wollte ich zumindest noch den berühmtesten türkischen Roman lesen. Eine gute Entscheidung, wie sich schnell herausstellte, handelt es sich doch um ein außergewöhnliches Werk.
Die Qualitäten des Buches zu beschreiben, ist gar nicht so leicht, kann man es an der Oberfläche doch auch als einen rasanten Abenteuerroman lesen. Es wäre aber völlig verkehrt, auf dieser Ebene stehen zu bleiben. Kemal verknüpft „klassische“ Genres und Themen, wie sie vermutlich in Anatolien seit langem auch mündlich tradiert werden, mit einer sozialkritischen Perspektive. Kemal ist ein hervorragender Erzähler, im ursprünglich Sinn des Wortes. Sein Roman ist „literarisch“ wie eine Oper Verdis „musikalisch“ ist: einerseits „intuitiv“ und „ursprünglich“, andererseits gekennzeichnet von großem Kunstverstand.