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Fouad Allam ist gebürtiger Algerier und arbeitet als Soziologe an der Universität Triest. Seine Studie ist der ambitionierte Versuch, einen Überblick über die aktuelle politische Diskussion innerhalb der islamischen Gelehrtenwelt zu geben, wobei historische und geistesgeschichtliche Exkurse nicht zu kurz kommen.
Die Oberflächlichkeit der durch die politische Diskussion konstruierten Fronten zwischen dem Islam und den Rest der Welt entlarvt Allam, in dem er die geistesgeschichtlichen Einflüsse europäischer Denkschulen auf Vertreter des islamischen Fundamentalismus zeigt. So freundete sich der einflussreiche Mohammed Iqbal (und andere Intellektuelle seiner Generation) schnell mit der Philosophie Heideggers und Bergsons an. Irrationale Geistesverwandschaften.
Doch nicht nur Allams interkulturelle Analysen sind scharfsichtig. Er legt seine Finger auch auf die offenen Wunden der fundamentalistischen Bewegung. Während diese in Anspruch nähme, den „wahren Islam“ zu vertreten, sei sie doch weit entfernt von den historischen und kulturellen Wurzeln dieser Kultur:
Der Begriff „zeitgenössischer Islam“ macht es möglich, eine Bruchlinie zu ziehen zwischen dem historischen, anthropologischen Islam und einem neofundamentalistischen Islam, der das paradoxe Ergebnis des Akkulturations- und Modernisierungsprozesses der muslimischen Gesellschaften ist. Er merzt die Dimension der Kultur aus der religiösen islamischen Identität aus, er trennt sie von ihrer historischen, theologischen und philosophischen Überlieferung und macht sie zu einem abstrakten und ideologischen Konstrukt. [S. 88f.]
Ein selten kluges Buch zum Thema.