Ende Oktober 2005
Das Leben in Wien läuft deutlich gemächlicher ab als in Berlin. Das liegt selbstverständlich an den 3,4 Millionen Bewohner des Großraums, die für eine lebendige Metropole sorgen. Am Rande sei angemerkt, dass eine zusätzliche Million an Einwohnern Wien durchaus gut täte. Allerdings ist nicht alles schneller. Der öffentliche Nahverkehr beispielsweise kann mit dem Metropolentakt nicht immer mithalten. Wer einmal am Samstag Vormittag 25 Minuten am Bahnhof Alexanderplatz auf eine S-Bahn warten durfte, wird wissen, was ich meine. Dass U-Bahnen um diese Zeit nur alle 10 Minuten fahren (in Wien alle 3 Minuten) wirkt wie eine künstliche Bremse des Großstadtlebens. Grund dafür dürften einmal mehr die leeren Staatkassen sein.
Die letzten Cent steckt man offensichtlich in die zahllosen Baustellen der Stadt. Im Vergleich zum Mai letzten Jahres ist deren Zahl in der Innenstadt förmlich explodiert. Unter den Linden ist vom Brandburger Tor bis zur Museumsinsel ein einziges Eldorado für Baustellenabsperrungen. Wer in Berlin Mitte flanieren will, sollte seinen Besuch noch ein halbes Jahr aufschieben.
Keine Baustelle mehr ist das Holocaust-Memorial, ein offenkundig beliebter Spieplatz für Jugendgruppen aller Nationalitäten. Sollte es das Ziel des Denkmals gewesen sein, eine zum Nachdenken anregende Beklemmung hervorzurufen, funktionierte das bei mir nicht einmal in Ansätzen. Durchwandert man die Stelenlandschaft sieht man an fast jeder Stelle auf beiden Seiten hinaus, so dass einen eher die weiten Fluchtlinien beeindrucken.
Das Pergamonmuseum besuchte ich zweimal ausführlich, das Alte Museum (wo inzwischen auch die ägyptische Sammlung untergebracht ist) sowie die erstklassige Gemäldegalerie konnte ich nur einmal aufsuchen. Zum ersten Mal erkundete ich den Hamburger Bahnhof, in dem ein Museum für Gegenwartskunst untergebracht ist. Das Gebäude ist ausgesprochen beeindruckend (welches klassische Bahnhofsgebäude ist das nicht). Betritt man die restaurierte Bahnhofshalle nimmt einen der Raum sofort gefangen, erst nach und nach wendet man sich den dort ausgestellten Kunstwerken zu. Der größte architektonische Fehler eines Museumsbau ist es, den Kunstwerken ästhetisch Konurrenz zu machen. Das bezieht sich aber nur auf die Halle, die in den Seitenflügeln zu sehenden Werke werden adäquat präsentiert.