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Wenn Autoren über den Tellerrand hinaussehen und sich mit naturwissenschaftlichen Themen beschäftigen, fand ich das immer interessant. Entsprechende Kompetenz natürlich vorausgesetzt. Lehr beschäftigte sich für seinen Roman ausführlich mit aktuellen Theorien über die Zeit. Er läßt die Zeit nämlich stehen bleiben und schafft damit einen originelle erzählerische Versuchsanordnung. Als eine Gruppe von etwa 70 Menschen das CERN-Forschungszentrum besucht, geschieht ein Unfall. Die Welt friert ein und die Betroffenen bewegen sich, von individuellen „Chronosphären“ umgeben, durch eine „Eiswelt“ (de facto ein Hochsommertag gegen Mittag).
Die „neue Physik“ wird erkundet und schon schnell stellt sich heraus, dass keine Technologie mehr funktioniert, und man sich nur zu Fuß weiter bewegen kann. Lehr beschreibt die Auswirkungen dieses Isoliertseins und die entstehende Gruppendynamik samt zunehmender Gewalt.
Er versucht das Einfrieren der Zeit auch formal abzubilden, in dem er eine um sich selbst kreisende Prosa verwendet und der Zustandsbeschreibung seines Protagonisten (ein Journalist) ausführlich Platz einräumt. Das ist ein ästhetisch plausibles Konzept. Trotzdem stellen sich bei der Lektüre immer wieder Längen ein. Mag sein, dass es sich hierbei um einen intendierten Eindruck handelt: Die Freude an der Lektüre wurde dadurch getrübt.