Neulich im MUMOK

The Moderns: Revolutions in Art and Science 1890-1935 (bis 23.1.)
Brigitte Kowanz: Now I see (bis 3.10.)

Man sollte meinen, in einer Kulturstadt wie Wien wäre hinlänglich Kompetenz vorhanden, um den Bezügen zwischen Naturwissenschaften und der modernen Kunst nachzugehen. Weit gefehlt! Die Ausstellung The Moderns strotzt vor Oberflächlichkeiten und Halbwahrheiten. Selbst Falschheiten findet man, etwa wenn auf einer Texttafel zu Einsteins spezieller Relativitätstheorie schnurstracks zu seiner berühmten Formel übergegangen wird. Die paar Zeilen zu Nietzsche sind zur Hälfte mit Biographischem gefüllt, als ob inzwischen nicht das letzte Schulkind wüßte, dass der Arme am Ende dem Wahnsinn verfallen ist. Man hätte die wenigen Zeilen vielleicht besser mit geistesgeschichtlicher Substanz angereichert, die über einige Schlagwörter hinausgehen.

Man könnte nun einwenden, ein so ambitioniertes Projekt könne ja nur an der Oberfläche kratzen. Man hätte aber zumindest an einigen Stellen exemplarisch in die Tiefe gehen können. Was man wissenschaftsgeschichtlich über die moderne Physik kolportiert, wird wissenschaftstheoretisch nicht reflektiert. Es wird jeweils die banalste Interpretationsmöglichkeit verwendet, also gedankliche Kurzschlüsse wie: Quantenphysik – Unschärfe – Beobachter – Abschied von der wissenschaftlichen Objektivität. Als ob es den handelnden Personen nicht um eine Beschreibung der Wirklichkeit gegangen wäre und als ob man Naturwissenschaften betreiben könnte, ohne das Ideal der Wahrheit im Hinterkopf zu behalten. Bücherregale zu diesem Thema wurden vollgeschrieben, aber offenbar von den Kuratoren nicht einmal angelesen.

Die den diversen wissenschaftlichen Themen wie „Energie“ zugeordneten und ausgestellten Kunstwerke sind entweder mehr oder weniger willkürlich verteilt oder auch fragwürdig zugeordnet, etwa wenn man neue Raumkonzepte mit kubistischen Gemälden illustriert. Deren Formen ja meist mit euklidischer Geometrie gut beschreibbar wären und deren Zweidimensionalität in diesem Zusammenhang auch deplatziert ist.

Übrig bleiben die sehenswerten ausgestellten alten wissenschaftlichen Gerätschaften und die Kunstwerke, die auch ohne dem konzeptuellen Rahmen einen Besuch lohnen. Bedauerlich, dass eines der bekannteren Wiener Museen hier nicht zu mehr intellektuellem Niveau in der Lage war.

Die Lichtinstallationen der Brigitte Kowanz auf der anderen Seite sind sehr sehenswert. Ihr Ansatz ist originell, mit den Mitteln des Lichts auch semantische Fragestellungen zu reflektieren und Bezüge zur konkreten Poesie herzustellen. Gleichzeitig setzt sie ihr Konzept sehr ansprechend um, da die meisten ihrer Arbeiten das Prädikat „schön“ im wörtlichen Sinn verdienen. Eine intelligente Augenweide.

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