26.2.
Einen kalten, windigen, aber sonnigen Februartag hatten wir uns ausgesucht für unsere Pilgerfahrt zu Thomas Bernhards berühmten Vierkanthof in Obernathal bei Gmunden im Salzkammergut. Bernhard zählt seit langem zu meinem Lieblingsautoren, und ich hatte auch das Privileg, mich einmal eine Zugfahrt und einen Abend lang ausführlich mit seinem Halbbruder über ihn zu unterhalten.
Aus irgendwelchen Gründen war ich noch nie in Obernathal gewesen, hatte aber ein festes Bild von dem Ort im Kopf. Ein einsamer Vierkanthof musste es sein, weit weg vom nächsten Nachbarn, und zur vermeintlichen Misanthropie eines Thomas Bernhard passend. Ein menschenfreier Rückzugsort, wo der Autor ungestört seiner Übertreibungskunst nachgehen kann.
„Obernathal“ in Gmunden also schnell ins Navi eingegeben und schon bald ging die Fahrt über einen besseren Feldweg in die Einöde so schien es. Aus der Einöde wurde aber schnell eine Siedlung und als die Blechstimme „Sie haben ihr Ziel erreicht“ tönte, standen wir vor einem Weiler, an dessen Rande Bernhards Bauernhof lag. Zwei Nachbarhäuser zum Greifen nahe! Eine riesige Hochspannungsleitung darüber und in sichtbarer Hörweite als Zugabe die Westautobahn. Keine Spur vom erwarteten einsamen Elfenbeinturm.
Nach einer kurzen Verstörung über meine Naivität dann schnell die Erkenntnis: Bernhards Doppelbödigkeit, sein subversiver Sarkasmus und sein ständiges Auf-Dem-Sprung-Sein fand in Obernathal den ideale Ort.