Burgtheater 20.2.
Regie: Matthias Hartmann
Marius Tautz, ein Schauspieler/der Geliebte: Falk Rockstroh
Freya Genetrix/die Schwester: Dörte Lyssewski
John Porto/die Zufallsbekanntschaft: Robert Hunger-Bühler
die struppige Sophie: Christiane von Poelnitz
Jonathan: Peter Knaack
der Livrierte: Peter Matic
die beleibte Reporterin: Maria Happel
der Vater: Michael König
Fräulein Gabriele: Sabine Haupt
Revueengel:
Maria Happel
Regina Fritsch
Hermann Scheidleder
Bibiana Zeller
u.a.
Zweieinhalb überwiegend langweilige Stunden muss absitzen, wer sich für das neue Stück von Botho Strauß interessiert. Dabei scheut Matthias Hartmann keine Mühen, um den Text durch Ausreizung der Bühnentechnik interessanter scheinen zu lassen, als er ist. Magisches Halbdunkel, Nebel, grelles Licht, groteske Requisiten in Übergröße, Videoprojektionen und Musik kommen in bewährter Manier zum Einsatz. Alles umsonst! Das Stück hat ein paar starke Momente und einige witzige Dialoge, speziell rund um das Thema der Pärchen-Bildung, ansonsten aber viel zu wenig Substanz für einen Theaterabend. Auch eine exzellente schauspielerische Leistung konnte daran leider nichts ändern.
Schlimm wird es besonders dann, wenn sich Strauß kulturkritisch auf die Unauthentizität des Internet einlässt. Da wirkt er als Autor so authentisch wie das Steakrezept eines Veganers. Zumindest hätte ihm ein barmherziger Dramaturg oder Lektor darauf hinweisen können, dass von Second Life seit Jahren niemand mehr redet, weshalb es nicht einmal mehr als Metapher taugt.
Nein, Botho Straußs „Das blinde Geschehen“ ist keine große Kulturkritik des Internets. Vielmehr breitet Botho Strauß bekannte Motive auf einem neuen Territorium aus, das er offensichtlich ungenügend kennt. Blinder Konservativismus.
Dass „Das blinde Geschehen“ in seiner Uraufführung am Burgtheater nicht funktioniert ist aber auch die Schuld des Regisseurs Matthias Hartmann. Botho Strauß spielt seine gängigen Motive durchaus gekonnt, entwickelt mitunter witzige Situationen und intelligente Dialoge. Anstatt aber diese starken Momente des Stücks herauszuarbeiten, hält sich Hartmann in seiner Inszenierung strikt an die Vorlage und beschränkt sich auf ästhetische Effekthascherei.
Das ist für Hartmann typisch. In all seinen Produktionen am Burgtheater entschied sich der Burgtheaterdirektor für das Oberflächliche und gegen Tiefgang, für Klamauk, das Effektvolle, Gewaltige, Rüpelhafte und Komische und gegen jeden höheren Anspruch. So bereitet Hartmann teilweise sehr unterhaltsame Abende, wenn er etwa mit seiner Inszenierung von Schillers „Parasit“ erstklassigen Klamauk abliefert. Unter dem Gewicht seiner ausgereizten technischen Trickkiste, wird aber so manches Stück platt gedrückt. Das soll keineswegs ein Plädoyer gegen den Einsatz von technischen Hilfsmitteln auf der Bühne sein. Wie etwa Frank Castorf an der Volksbühne Berlin mit seinen Live-Videoprojektionen beweist können multimediale Effekte Teil der Theater-Sprache sein und nicht bloß ästhetisches Beiwerk.
Am Burgtheater sollte man sich vielmehr die Frage nach dem eigenen Anspruch stellen. Kann es wirklich Ziel sein möglichst viele Feuerwerke zu zünden und so die Anzahl der BesucherInnen zu maximieren? Meiner Meinung nach ist es bezeichnend, wenn ein singendes Mikrofon den lautesten Applaus bekommt.