Reise-Notizen: Malta

Die ersten Eindrücke von Malta waren zwiespältig. Die kleine Insel (27 km lang, 14 km breit, 400.000 Einwohner) gehört zu den drei am dichtesten besiedelten Gegenden der Welt. Fährt man über den bewohnten Teil der Insel, wirkt die Besiedelung disparat und die Häuser aufgrund des überall verbauten gelbbeigen Sandsteins eintönig. Man wird aber schnell eines Besseren belehrt, wenn man sich systematisch die Städte ansieht. „Stadt“ ist freilich mit Vorsicht zu genießen, viele „Städte“ gingen in anderen Ländern nur als Dörfer durch. Dörfer freilich, die zum Teil mit riesigen Kirchen protzen, wie in Mosta, wo eine der größten Kuppelkirchen der Welt steht.

Speziell die am Meer gelegenen Orte wie Valletta oder Vittoriosa sind aufgrund der vielen Hafenbecken und Blicke aufs Meer sehr malerisch. Mdina würde gut in diese Reihe passen, wäre das Städtchen inzwischen nicht fast unbewohnt und fest in Touristenhand. In der Vorsaison halten sich die Touristenströme noch angenehm in Grenzen, was bei Mdina aber den Eindruck einer Kulissenstadt noch verstärkt. Wer in Süditalien oder Griechenland unterwegs war, wundert sich außerdem über den fehlenden Müll im öffentlichen Raum.

Die Insel ist sehr britisch geprägt. Linksverkehr, Schuluniformen und 40 Jahre alte, gelbe Bedfort-Busse im Linienverkehr erinnern ebenso an die Kolonialzeit wie das zentralisierte „britische“ Gesundheitswesen.

Die Insel Gozo ist kleiner als Malta. Nur 30.000 Maltesen leben dort. Es gibt keine Industrie. Nach dem Übersetzen mit der Fähre hatte ich den Eindruck, ich wäre mit einer Zeitmaschine einige Jahrzehnte in die Vergangenheit gereist. So könnte es in Mittelmehrländern in den sechziger Jahren ausgesehen haben.

Meine kulturelle Erwartungshaltung war eine zweifache: Prähistorische Tempel und der Malteser Ritterorden. Manche Tempel sind älter als die Pyramiden in Ägypten. Redet man von der Steinzeit, wird schnell Stonehenge erwähnt. Die Ruinen auf Malta sind aber sehenswerter und dürften neben den Höhlenmalereien in Lascaux zu den am besten erhaltenen Kulturleistungen der Prähistorie zählen. Wobei von den mehr als zwei Dutzend nachgewiesenen Tempel nur eine Handvoll so gut erhalten ist, dass man als sich als Laie etwas vorstellen kann. Besichtigen sollte man auf jedem Fall Hagar Qim, Hagar M, T und H auf Gozo. Steht man vor diesen monumentalen Steinanhäufungen (Steine bis zu 20t schwer), drängt sich die Frage auf, wie die prähistorischen Bewohner der Insel diese Lasten überhaupt bewegen konnten. Die vorherrschende Theorie besagt, dass die Steine von den mindestens einen Kilometer entfernten Steinbrüchen auf Steinkugeln heran gerollt wurden. Auch die Statik der Bauten verblüfft. Bindemittel waren noch unbekannt, d.h. die Steine wurden aufeinander gestapelt und hielten aufgrund ihres Eigengewichts, der Verankerung im Boden und einer leichten Neigung nach innen. Ob in den Tempeln Priesterinnen eine Muttergöttin verehrten, ist umstritten. Das erhaltene Unterteil einer großen Statue stützt diese These aber.

Der Malteser Ritterorden hat auf Malta nicht nur beeindruckende Befestigungsanlagen und Forts hinterlassen, welche die „Skyline“ bis heute maßgeblich prägen, sondern auch jede Menge sehenswerter Kirchen und Paläste. Das Armutsgelübde war schnell vergessen und die Großmeister bauten wie andere Herrscher zu Repräsentationszwecken. Der innen opulent geschmückte Großmeisterpalast ist dafür ebenso ein Beispiel wie die St. Johns Co-Cathedral. Die Innenausstattung ist vom Barock inspiriert. Die Prächtigkeit wirkt für moderne Augen aufgrund von kompetenter Farbwahl und hoher Stilsicherheit weniger überbordend als Kirchen in Mitteleuropa. Ästhetisch besonders ansprechend sind die Grabplatten für die Ritter, aus denen oft die Fußböden bestehen. Der kriegerische Auftrag des Ordens schlägt sich in der Ikonographie nieder, wo man gerne einmal nordafrikanisch aussehende Statuen buchstäblich unterdrückt.

Malta ist bis heute sehr katholisch geprägt. 98% der Bewohner sind Katholiken. Abtreibungen sind verboten, Scheidungen gesetzlich nicht vorgesehen. Witzigerweise beten die Malteser „Allah“ an, da sie eine semitisch-arabische Sprache sprechen (mit vielen europäischen Lehnswörtern). Von den Bootsflüchtlingen ist im Alltag nicht viel zu sehen. Man begegnet ab zu einem Afrikaner. Im Vergleich zu multikulturellen europäischen Städten, wirkt Malta sehr homogen, die Touristen einmal ausgeklammert. Ansonsten sah ich im Süden eine Zeltstadt für Flüchtlinge mit (anscheinend) kaum Infrastruktur.

Ein Gedanke zu „Reise-Notizen: Malta

  1. Ich liebe die Busse auf Malta, aber ich habe gehoert, sie sollen bald verschwinden und gegen etwas „zeitgemaesses“ ersetzt werden. Schade drum!

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