Letztes Update: 16. Juni 2020
Kulturinteressierte fragen mich oft nach Empfehlungen für eine Wien-Reise. Deshalb fasse ich die wichtigsten an dieser Stelle einmal zusammen. Vollständigkeit ist nicht angestrebt. Meine aktuelle Kulturberichterstattung findet sich in der Kategorie Wien.
Museen
Kunsthistorisches Museum
Eine der großen europäischen Gemäldegalerien mit einer Vielzahl exzellenter Bilder. Das Gebäude versteht man am besten als Teil des Museums: Als großartiges Monument der Ringstraßenarchitektur. Der Schwerpunkt liegt auf der italienischen und niederländischen Malerei. Die vor einigen Jahren sehr geschmackvoll umgestaltete Antikensammlung ist ein weiterer Höhepunkt. Eine ägyptische Sammlung und ein Münzkabinett sind ebenfalls im Haus am Ring untergebracht. Aktuelle Ausstellungen runden das Programm ab.
Naturhistorisches Museum
Direkt gegenüber des Kunsthistorischen Museums gelegen. Wer die großen naturwissenschaftlichen Museen (von München bis New York) bereits kennt, könnte sich einen Besuch aus inhaltlichen Gründen sparen. Die einschlägigen Themengebiete findet man anderen Orts besser & frischer präsentiert. Das NHM ist aber trotzdem einen Besuch wert: Es ist das Museum eines Museums. Die Räume mit den gediegenen alten Holzschaukästen und das Gebäude haben eine Atmosphäre, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte, wenn man einen Sinn für diese Dinge hat.
Einen enthusiastischen Besuch dokumentiert Florian Freistetter in diesem Blogbeitrag.
Museumsquartier
Das Museumsquartier spielt eine Doppelrolle in der Stadt. Einerseits sind dort mehrere Museen und eine Reihe von Kultureinrichtungen untergebracht. Andererseits ist es einer der beliebtesten urbanen Treffpunkte in der Innenstadt. Wenn das Wetter mitspielt, sind dort hunderte Bobos in freier Wildbahn zu beobachten.
Das Leopold Museum hat eine (nach meinem Geschmack) sehr divergente Sammlung mit sehr unterschiedlicher Qualität. Es gibt dort aber so viel Hochkarätiges zu sehen (Klimt!), das man einen Besuch auf jeden Fall in Erwägung ziehen sollte.
Im MUMOK findet man die größte Sammlung moderner Kunst in Wien. Die Auswahl ist eklektizistisch und entbehrt großer Höhepunkte. Ausnahme ist die sehr umfangreiche Sammlung rund um den Wiener Aktionismus. Die Ausstellungen konnten mich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bisher nicht begeistern.
Schatzhaus Mittelalter
Das Untere Belvedere wird für Sonderausstellungen genutzt. Man findet dort aber auch dieses kleine, aber feine Sammlung mittelalterlicher Kunst. An deren Ende finden sich ausgewählte Skulpturen der Epoche. Dieser kleine Raum ist meiner Lieblingsorte in Wien.
Bestattungsmuseum
Eine kurze Notiz darüber gibt es hier. Lässt sich ideal mit einem Besuch des Zentralfriedhofs verbinden: Ein Rundum-Sorglos-Paket in Sachen Wiener Morbidität also.
Globenmuseum
Einer meiner Lieblingsorte in der Stadt! Im Stockwerk eines Stadtpalais in der Herrengasse untergebracht, enthält das Museum eine der besten Globensammlungen. Es verirren sich meist nur wenige Besucher hin, was sehr zur Atmosphäre beiträgt. Wer sich für Kartographie interessiert, bekommt eine Fülle von Informationen zum Thema. Die alten Globen sind auch ästhetisch sehr ansprechend.
Prunksaal der Nationalbibliothek
Pflichtbesuch für Bücherfreunde. Punkt.
Literaturmuseum
Ein schöner Neuzugang in der Wiener Museumslandschaft. Der Österreichischen Nationalbibliothek angegliedert gibt das Haus in einer gut gemachten Dauerausstellung einen Überblick über die Geschichte der österreichischen Literatur. Bücherfreunde sollten unbedingt einen Rundgang einplanen.
Römermuseum
Das Römermuseum ist institutionell Teil des Wienmuseums . Im Wien Museum am Karlsplatz gibt es eine Dauerausstellung zur Wiener Geschichte und meist sehr ansprechend gemachte aktuelle Ausstellungen. Das Römermuseum bietet dem an der Antike Interessierten eine sehr gute Möglichkeit, exemplarische Ausgrabungen aus der Römerzeit anzusehen. Informationen zur Stadtgeschichte runden die Fundstücke ab.
Heeresgeschichtliches Museum
Ein Unikum in der Wiener Museumslandschaft. Man flaniert durch eine höchst skurrile Mischung aus Geschichts- und Militärverklärung mit kritischen Einsprengseln. Dem Kenner erschließen sich deshalb interessante Einsichten über das vergangene und gegenwärtige Österreich.
Wirtschaftsmuseum
In dieses Museum verirren sich nur selten Touristen. Es ist in einem wunderschönen Altbau unter gebracht und beherbergt gleichzeitig das Kaffeemuseum. Eine der Gründer war Otto Neurath, weshalb für Freunde des Wiener Kreises ein Besuch ohnehin Pflichtprogramm ist. In einem Stock wurde das Wiener Leben der Jahrhundertwende nachgebaut, etwa eine Wohnung mit der damaligen Einrichtung. Eine charmante Idee.
Theater & Oper
Es gibt drei Opernhäuser (und eine freie Szene) in Wien sowie jede Menge Theater. Als Besucher sollte man die besten Häuser kennenlernen, also die Wiener Staatsoper (meist konservative Inszenierungen bei hohem musikalischen Niveau) und das Burgtheater. Hier ist speziell die kleinere Bühne, das Akademietheater, sehr empfehlenswert. Aber auch die experimentellen Bühnen des Hauses, das Kasino und das Vestibül bieten meist spannendes Theater.
Für das Burgtheater kann man online am 20. jedes Monats die Karten für das Folgemonat bestellen. Bei der Staatsoper beginnt der Vorverkauf immer genau einen Monat vor einer Vorstellung. In meinen Theater-Notizen stelle ich aktuelle Inszenierungen vor.
Stadt-Orte
Die Innenstadt (Erster Bezirk) ist ein furioses Freiluftmuseum. Ausführliche Erwanderung mit einem guten Reiseführer empfohlen! Die Ringstraße entlang zu spazieren, ist auch kein Fehler.
Auf keinem Fall entgehen lassen sollte man sich den Naschmarkt. Multikultureller Flair und sehr beliebte Bobo-Freiluftzone, obwohl natürlich immer auch jede Menge Touristen unterwegs sind. Authentisch multikultureller geht es auf dem Brunnenmarkt zu.
Der Zentralfriedhof liegt etwas außerhalb, ist aber ein für Wien sehr symbolischer Ort. Neben „Ehrengräbern“ der Kulturprominenz (Schubert!), ist vor allem der jüdische Teil des Friedhofs sehr sehenswert. Historische Denkanstöße sind dabei ebenso garantiert wie eine solide Portion Wiener Morbidität. Seit Herbst 2014 ist dort auch das Bestattungsmuseum untergebracht (siehe oben).
Für Freunde des Makabren sei noch auf den kleinen Friedhof der Namenlosen hingewiesen, wo über Jahrzehnte namenlose Donauleichen beerdigt wurden. Danach kann man dort auch noch einen Spaziergang direkt an der Donau machen und Wiener Kleinbürger in ihrer Schrebergartenidylle studieren.
Die Uno-City ist aus zwei Gründen besuchenswert. Erstens war die Errichtung dieses Stadteils eines der größeren Architektur-Projekte in den letzten Jahrzehnten und es ist der einzige Ort in Wien, der eine (bescheidene) Wiener Skyline bietet (z.B. vom Donaupark aus). Zweitens ist Wien ja eine Stadt mit vielen internationalen Organisationen und die UNO deren prominenteste. Wer sich dafür interessiert, sollte eine Führung durch die UNO machen. Man lernt dann nicht nur einen meist übermotivierten jungen UNO-Mitarbeiter kennen, sondern bekommt auch noch ein Design-Museum präsentiert. Die Inneneinrichtung ist im Stil der 1970er gehalten und wirkt heutzutage ziemlich schräg.
Interessant für Bücher- und Architekturfreunde ist die Hauptbücherei der Stadt Wien. Nicht in der renommiertesten Gegend errichtet, hat es das Bahnhofsviertel in mehrerer Hinsicht aufgewertet. Ein gelungener Bibliotheksbau!
Lohnend auch eine Beschäftigung mit dem Roten Wien. Wer sich dafür interessiert, erkundet es am besten mit Inge Podbreckys Stadtführer Rotes Wien.
Ein Ort mit sehr eigenem Flair ist auch der Narrenturm, Verzeihung, ich meine natürlich das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum. Die gruseligsten Ausstellungsgegenstände sind seit einigen Jahren aber nur noch mit Führung zugänglich. Bei heraufgesetzter Ekelschwelle einen Besuch wert.
Für Literaturfreunde ist natürlich ein Besuch der Strudlhofstiege im 9. Bezirk unverzichtbar. Der Neunte ist nicht nur „der“ Doderer-Bezirk in Wien. Auch der Wiener Kreis hat sich überwiegend in dieser Stadtgegend herumgetrieben.
Wien wurde nicht nur durch den Barock geprägt, sondern auch durch das „Rote Wien“ in den zwanziger Jahren. Darüber kann man sich in der Dauerausstellung Das Neue Wien im Waschsalon exzellent informieren. Das kleine Privatmuseum nutzt einen ehemaligen Waschsalon des Karl-Marx-Hof, einem der größten und berühmtesten Gemeindebauten Wiens, den man deshalb auch gleich kennenlernt.
Kaffeehäuser
An tollen Kaffeehäusern besteht in Wien kein Mangel. Ich selbst bin in der Innenstadt sehr gerne im Cafe Engländer oder im Cafe Museum. In der erweiterten Naschmarkt-Gegend wäre das Cafe Sperl ein weiterer Klassiker.
Ein Geheimtipp und völlig touristenfrei ist das Cafe Goldegg. Unbedingt einen Blick in den „Rauchsalong“ werfen.
Lokale
Wien ist auch ein kulinarisches Eldorado, wo man im Vergleich zu anderen Großstädten sehr gut essen kann, ohne ein Vermögen ausgeben zu müssen. Sehr gute Lokaltipps gibt es online beim Falter: Wien, wie es isst…. Meine Empfehlung wäre nach den Besten des Bezirks zu suchen, in dem man übernachtet.
Zwei meiner Stammlokale mit sehr guter Küche sind: Zum Alten Fassl. Klassisches Wiener Beisl mit Wiener Küche auf hohem Niveau. Wer asiatische Küche schätzt, wird an der authentischen Kochkunst im On Restaurant seine Freude haben. Erwähnen möchte ich auch noch meinen Lieblings-Perser, das Apadana beim Naschmarkt.
Viele Lokale in Wien stellt mein Bekannter Helmut Hackl auf seinem Blog vor.
Unterkunft
Empfehlen kann ich die sehr zentral gelegene und geschmackvolle Pension Museum. Man ist in wenigen Minuten zu Fuß beim Kunsthistorischen Museum und an der Ringstraße.
Das besten Preis/Leistungsverhältnis in Wien haben vermutlich die „Billig-Design-Hotels“ von Motel One. Es gibt bereits mehrere Häuser und es sind weitere geplant.
Ausflüge
Wer viel Zeit in Wien hat, kann sich die Wiener Stadtwanderwege ansehen. Speziell der Stadtwanderweg Nr. 1 bietet am Ende spektakuläre Ausblicke auf Wien und die Donau von oben.
Reise-Zeit
Die Museen und Kaffeehäuser, Opernhäuser und Theater sind natürlich ganzjährig ausgezeichnet besuchbar. Meine Lieblingsmonate für Wien sind Mai und September.
Wien-Literatur
Meine Lieblingsromane über Wien sind:
Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften
Heimito von Doderer: Die Strudlhofstiege
Thomas Bernhard: Alte Meister
Reise-Literatur
Felix Czeike: DuMont Kunst Reiseführer Wien
Der ausführlichste Reiseführer zu allen kulturellen Themen. Kenntnisreich und anspruchsvoll.
Erich Klein: Denkwürdiges Wien
Geschichtlich orientierte Spaziergänge mit vielen spannenden Hinweisen, die man kaum in eineM anderen Reiseführer findet. Wer sich für das politische Wien interessiert, ist mit dem Buch bestens aufgehoben.
Peter Eickhoff: 111 Orte in Wien, die man gesehen haben muss
Informationen über dieses Buch finden sich in meiner Notiz.
Für aktuelle Veranstaltungstipps, Kulturberichte etc. besorgt man sich in Wien angekommen am besten den aktuellen Falter. Erscheint jeden Mittwoch neu und zählt „nebenbei“ auch zu den besten Printmedien in Österreich.
Sehr gute Tipps, selbst als Wiener ist man nach der Lektüre schlauer! Auch die vielen Links sind ein großes Plus! Vielen Dank!
Danke! Habe den Artikel noch mal ergänzt. Ist ein „work in progress“.
Da paßt bestimmt auch http://www.wbg-wissenverbindet.de/WBGShop/php/Proxy.php?purl=/wbg/products/search/show,2539,wien.html#2539 bzw. das entsprechende Hörbuch http://www.wbg-wissenverbindet.de/WBGShop/php/Proxy.php?purl=/wbg/products/show,19467.html
Ich mag Wien und Ich denke das Artikel ist sehr gut! Ich war in Wien im . Diese Tipps sind wirklich nützlich. Danke
Folgt man den kulturellen und kulinarischem Empfehlungen von Christian Köllerer geht einem das Herz auf. Ein lohnenswerter Blick auf eine liebenswerte Stadt. Freue mich auf den nächsten Besuch.
Danke für die vielen guten Tipps! Sie zeigen mir, dass ich noch einigen Nachholbedarf habe…
Wenn man schon zum Zentralfriedhof raus fährt, würde sich noch der auf halber Strecke liegende Friedhof St. Marx anbieten – sehr sehenswert!
Ganz hervorragender Artikel.Das einzige was mir fehlt,ist der Friedhof in Grinzing,u.a.mit dem Grab Gustav Mahlers und anderer grossen Persöhnlichkeien der Wiener Gedellschaft.
Danke, ja das wäre überlegenswert.