Harold Bloom

The Western Canon The Books and School of the Ages. (Riverhead Books)

Bloom ist ein großer Kenner, wenn es um Klassiker geht. Seine von der Psychoanalyse inspirierten literaturtheoretischen Vorstellungen sind aber sehr fragwürdig. Man liest Bloom also am besten als Leser und als Polemiker, nicht als Literaturwissenschaftler. Polemiker deshalb, weil er an der postmodernen Umgestaltung der Literaturinstitute in den USA kein gutes Haar läßt, und sogar das Ende des substanziellen Literaturunterrichts in den USA ausruft.

The Western Canon ist deshalb als eine Art Nachruf auf den Kanon konzipiert. Der Anhang enthält eine umfangreiche Empfehlungsliste mit Klassikern der Weltliteratur. Im Zentrum des Kanons steht für Bloom Shakespeare, der als Bezugspunkt implizit und explizit immer präsent ist. Blooms Klassikerlektüre ist immer dann sehr interessant, wenn es um konkrete Beobachtungen und das Herstellen von Bezügen geht. Je mehr er in (s)eine Form des Interpretierens hineinrutscht, desto fragwürdiger werden die Kapitel. Meine Empfehlung wäre, diese Passagen einfach zu überblättern, und sich die Perlen aus den jeweiligen Kapiteln herauszusuchen.

Das Pathos, mit dem Bloom die Lektüre von Klassikern preist, ist mir naturgemäß nicht unsympathisch. Von den gängigen postmodernen Literaturtheorien halte ich genausowenig wie Bloom, was sich in meinem Essay Die Errungenschaften der Postmoderne als Theorie nachlesen läßt. Bei seiner Kanonauswahl dominieren, wenig überraschend, angelsächsische Klassiker. Insgesamt ein für Klassikerfreunde sehr anregendes Buch, wenn man Bloom nicht jede interpretatorische Eskapade durchgehen läßt.

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