Es ist kein Geheimnis, dass ich sachlich geschriebene Bücher über Literatur gegenüber den jargonbeladenen Texten vieler Literaturwissenschaftler bevorzuge. Ein gutes Beispiel für die erste Kategorie ist Ulrich Schmids kleine Einführung in das Leben und Werk Lew Tolstois. Angesichts der bei der Reihe vorgegebenen Platzbeschränkung, konnte Schmid nicht sehr in Tiefe gehen, behandelt aber die wichtigsten Lebensstationen und Werke für eine Einführung ausführlich genug. Der Slawistik-Professor nähert sich Tolstoi über unterschiedliche Themenkreise. Einer davon ist Tolstois Religion. Hier wäre etwas mehr kritische Distanz wünschenswert gewesen. Tolstoi schreibt in diesem Zusammenhang sehr oft von „Vernunft“. Mit den gängigen philosophischen Vernunftbegriffen hat das nichts zu tun. Schmid übernimmt die Bezeichnung referierend aber völlig unkritisch. Dafür arbeitet Schmid die problematische Beziehung zwischen Tolstois Leben und seinem Werk sehr gut heraus. Auch die umstrittene Nachlass- und Erbfrage wird relativ ausführlich behandelt.
Ulrich Schmid: Lew Tolstoi. (C.H. Beck Wissen)
Und ich habe noch nicht einmal den Tolstoifilm gesehen. Insgesamt hat mich Tolstoi schon immer mehr interessiert als Dostoevskij. So, jetzt ist das Geheimnis gelüftet.
“War AND peace?” “Yes, Radar, Tolstoy was very flexible.” (Heijden, Gerichtshof der Barmherzigkeit)