Viele kulturgeschichtlich wichtige Persönlichkeiten hinterließen zahlreiche persönliche Zeugnisse. Franz Schubert zählt leider nicht dazu. Seine Briefe, Tagebuchnotizen, Gedichte füllen nur einen schmalen Taschenbuchband. Ein intensives Kennenlernen des Komponisten ist auf diesem Wege also nicht möglich, was mich bei der Lektüre etwas enttäuschte. Trotzdem erfährt man biographisch viel Interessantes: So bettelt der fünfzehnjährige Franz seinen Bruder um einige Kreuzer an, weil die Verpflegung als Hofsängerknabe für einen pubertierenden Burschen offenbar bei weitem nicht ausreicht.
Franz Schuberts beste Musik ist melancholisch und tief traurig. Einträge ins Tagebuch belegen seine düstere Sicht der Dinge:
Keiner, der den Schmerz des Andern, und Keiner, der die Freude des Andern versteht! Man glaubt immer, zu einander zu gehen, und man geht nur neben einander. O Qual für den, der dieß erkennt!
[S. 70]
Schubert bezieht sich oft auf Briefe, die leider nicht erhalten sind. Besonders eloquent ist seine Reise-Korrespondenz, etwa seine Beschreibung des Salzkammerguts:
Nach einigen Stunden gelangten wir in die zwar merkwürdige, aber äußerst schmutzige und grausliche Stadt Hallein. Die Einwohner sehen alle wie Gespenster aus, blaß, hohläugig und mager zum Anzünden.
[S. 95]
Eine spannende Lektüre für Schubert-Freunde, die allerdings durch zeitgenössische Zeugnisse ergänzt werden muss, wenn man sich ein umfassendes Bild machen will.
Franz Schubert: Briefe. Tagebuchnotizen. Gedichte. (detebe)