Salon X 25.11. 2012
Regie: Anna Maria Krassnigg
Mit: Petra Gstrein, Jens Ole Schmieder, Kirstin Schwab, Martin Schwanda, Isabella Wolf/Luc Feit
Eine der Stärken kleiner Theater wie des Wiener Salon X ist die Möglichkeit, Neues auszuprobieren. Polonis Theatertext ist insofern eine Entdeckung, weil er unprätentios auf der Bühne funktioniert, nämlich ohne in eine der lähmenden Zeitgeistfallen zu tappen, wie das viele zeitgenössische Dramatiker tun. Als Dank dafür werden sie dann im Akademietheater gespielt, wo ein nachdenklicher Text wie Camera Clara besser aufgehoben wäre.
Im Mittelpunkt steht ein konträres Geschwisterpaar. Karen ist eine junge, erfolgreiche Karrierefrau, die regelmäßig gestylt zu ihren Meetings und Geschäftsessen verschwindet. Marek ist ein neurotisch-introvertierter Stubenhocker, der die Wohnung anscheinend nie verlässt, dafür aber die Business-Eskapaden seiner Schwester im benachtbarten Gasthaus mit einer Kamera festhält. Es dauert nicht lange bis die Qualität seiner Fotos entdeckt wird und Marek ein erfolgreicher Künstler-Fotograf wird, dessen Fotos hohe Preise erzielen. Diese Künstler-Business-Dichotomie könnte nun sehr platt sein, zumal Poloni hier mit zahlreichen überzeichneten Künstlerklischees (z.B. der Künstler als Kind) spielt. Dem entgegen wirkt einerseits die subtile Dialoggestaltung, andererseits die Pointe am Ende der Handlung.
Obwohl kein realistisches Stück im engeren Sinn, fängt es doch so viel Gegenwart ein, dass sich das Großstadtpublikum in diesem Spiegel oft ertappt fühlt.
Schauspielerisch ist das gut in Szene gesetzt und der kleine Theaterraum passt gut zum Ort des Geschehens, einem Zimmer in der Wohnung der Geschwister. Die Inszenierung konzentriert sich auf die Dialoge und gibt dem Text genügend Entfaltungsmöglichkeiten. Eine interessante Theaterentdeckung.