Die Kultur Angkors ist aus zwei Gründen schwierig zu rekonstruieren. Im tropischen Klima überlebten nur die berühmten Steintempel. Die meisten anderen Gebäude waren aus Holz und sind ebenso schnell verwest wie andere Alltagsgegenstände, die uns Aufschluss gegen könnten. Zweitens ist kaum etwas Schriftliches überliefert. Die einzige Ausnahme ist dieser prägnante Bericht eines chinesischen Handlungsreisenden, der sich am Ende des 13. Jahrhunderts etwa ein Jahr dort aufhielt und seine Beobachtungen zu Papier brachte: Knapp 60 Buchseiten. Wer sich mit Angkor beschäftigt, kommt also um Chou Ta-kuan nicht herum. Um einen Eindruck zu geben, hier seine Beschreibung des Badens:
Kambodscha ist ein außerordentlich heißes Land, und es ist unmöglich, durch den Tag zu kommen, ohne sich mehrere Male zu baden. Sogar nachts sind, ein, zwei Bäder Pflicht. Es gibt keine Badehäuser, keine Becken, keine Kübel; jede Familie hat aber einen Teich. Manchmal teilen sich mehrere Familien einen. Männer und Frauen gehen nackt dort hinein; wenn jedoch Eltern oder ältere Personen baden, bleiben die jüngeren draußen. Wenn umgekehrt letztere im Teich sind, warten die Älteren außerhalb. Wenn alle Badenden gleichalt sind, vernachlässigen sie diese Zeremonie; die Frauen verdecken ihr Geschlecht mit der linken Hand, wenn sie das Wasser betreten. So einfach ist das!
Die zweite Quelle über den Alltag in Angkor liefern viele Tempelreliefs.
Implizit lernt man auch die arrogante Weltsicht der damaligen chinesischen Elite kennen. Für sie waren die Kambodschaner selbstverständlich nur Barbaren.
Chou Ta-kuan: Sitten in Kambodscha: Über das Leben in Angkor im 13. Jahrhundert (Angkor Verlag)