Die Stadt der Frauen sehe ich mir erst kurz vor dem Ende der Ausstellung an. Das Ziel, Wiener Malerinnen bekannter zu machen, gelingt den Kuratoren gut. Ich selbst beschäftige mich nun schon lange und regelmäßig mit der Kunstgeschichte: Trotzdem hörte ich sehr viele Namen der Künstlerinnen vorher noch nie. Broncia Koller-Pinell etwa, um nur eine zu nennen. Insgesamt sind Werke von 56 Künstlerinnen zu sehen. Darunter auch jüdische Frauen, die später von den Nazis ermordet werden. Ein sowohl politisch wie kunstgeschichtlich sehr erfreuliches Projekt!
Sehr gelungen ist auch Oskar Kokoschka. Expressionist, Migrant, Europäer im Leopold Museum. Ein gemeinsames Projekt mit dem Kunsthaus Zürich. Überraschungen gibt es hier naturgemäß weniger, aber sein Werk wird in schöner Ausführlichkeit (270 Werke) chronologisch gezeigt. Wobei mich persönlich das teils großformatige Spätwerk nicht anspricht, und ich seine „klassisch“ expressionistische Phase bevorzuge. Speziell die Porträts! (Bis 8.7.)
In Flying High stellt das Kunstforum die weibliche Art Brut in den Mittelpunkt: Eine kunsthistorische Schau im engeren Sinn des Wortes. Die Kunst psychisch kranker Menschen gewann in den letzten Jahren ja große Popularität, und der Besucher bekommt hier einen guten Überblick. Zu diesem Zweck greifen die Kuratoren nicht nur auf mehrere bekannte Sammlungen zurück, sondern stellen im Multimedia Guide diese auch ausführlich vor. Wie sich hier manche Personalstile entwickeln ist frappant. Spannend finde ich auch die ästhetische Frage der Abgrenzung zwischen Art Brut und „Hochkunst“. Wie diese Mauern langsam einbrechen zeigt die Ausstellung alleine dadurch, dass sie im Kunstforum stattfindet. (Bis 23.6.)
Im charmanten kleinen Wirtschaftsmuseum gibt es eine kleine Sonderausstellung über die Wiener Küche. Große Schautafeln liefern kulturhistorische Fakten, etwa von welchen Nachbarländern welche kulinarischen Einflüsse kamen. Ansonsten gibt es eine Reihe von historischen Objekten zu sehen: Alte Wiener Speisekarten und ähnliches. (Bis 28.6.)
Die neue Sonderausstellung des Literaturmuseums beschäftigt sich mit einem naheliegendem Thema: Wien. Eine Stadt im Spiegel der Literatur. Wer sich nun eine systematische Aufarbeitung des Themas erwartet, wird enttäuscht. Zwar kommen einige der üblichen Verdächtigen vor, aber das Konzept der Schau ist eklektisch und setzt einige Schwerpunkte, etwa die Peripherie der Stadt. Viel Dokumentarisches ist zu sehen, von Manuskripten über Fotos bis hin zu Doderers monomanen Romanplänen. Lektüre anregend! (Bis 16.2.)
Als ich kurz nach der Eröffnung von Mark Rothko durch die Ausstellung schlenderte ließen mich seine Werke seltsam kalt. Ganz anders beim zweiten ausführlichen Besuch an einem Wochentag mit wenig Publikum. Bekannt ist Rothko einem größeren Publikum primär durch seine großformatigen abstrakten Bilder. Die Schau zeigt aber auch sehr ausführlich seine figurative Phase. Was mich hier am meisten anspricht, ist seine intelligente Auseinandersetzung mit den Alten Meistern. So gibt es ein Bild, welches die Muse des Wiener Vermeers, Die Malkunst“ nach New York versetzt. Bei anderen sind die Anspielungen auf Rembrandt offensichtlich.
Die großformatigen Farbflächen-Gemälde funktionieren bei mir nur, wenn man sich auf jedes einzelne ausführlich einlässt. Sieht man sie lange an, gewinnen sie eine interessante visuelle Dynamik. Sie scheinen etwa plötzlich etwa reliefartig und die Farben gewinnen ein Eigenleben. (Bis 30.6.)