Burgtheater 13.10. 19
Regie: Martin Kusej
Dramaturgie: Angela Obst
Faust: Werner Wölbern
Mephisto: Bibiana Beglau
Margarete: Andrea Wenzl
Inzwischen habe ich ja einige Inszenierungen von Martin Kusej gesehen in den letzten 20 Jahren: Es war keine Theaterkatastrophe dabei. Bis zu diesem Faust. Das liegt primär am Umgang mit Goethes Text. Die Szenen aus dem ersten und zweiten Teil werden in einen Mixer gegeben, und es kommt eine ungenießbare Sauce heraus. Prinzipiell halte ich es für legitim, Klassiker für moderne Aufführungen zu bearbeiten. Auch wenn mir das ästhetische Prinzip einer Andrea Breth, die Texte niemals anzutasten persönlich deutlich besser gefällt. Der Knackpunkt bei diesen Bearbeitungen: Bringen sie einen ästhetischen oder inhaltlichen Mehrwert? Eröffnen sie neue Perspektiven? Bei dieser Faust-Bearbeitung ist genau das Gegenteil der Fall: Sie reduzieren das literarische Niveau des Stücks. Die Dramaturgie zeugt von einem großen literarischen Unverständnis, etwa wenn Faust seinen Selbstmordversuch nicht von sich aus abbricht. Um nur eines von vielen Beispielen zu nennen. Am besten ist der Abend dann, wenn sich Goethes Text ohne diese durch Inkompetenz induzierten Brüche entfalten darf: Die Gretchen-Tragödie im zweiten Teil des Abends.
Darüber hinaus lässt Kusejs Inszenierung die gewohnte Subtilität immer wieder vermissen. Bei einer unmotivierten Kriegsszene aus Faust II etwa wird ein Kind mit einer Sprengstoffweste losgeschickt. Solche plumpe Effekthascherei enttäuscht. Schauspielerisch hätte der Abend funktionieren können. Bibiana Beglau als Mephisto ist exzellent, Werner Wölbern als Faust passabel. Martin Kusej wäre gut beraten gewesen, diese Inszenierung in München zu belassen.