Burgtheater 22.12. 19
Regie: Kay Voges
Komposition: Paul Wallfisch
Mit
Elma Stefania Agustdottir, Mavie Hörbiger, Dörte Lyssewski, Markus Meyer, Barbara Petritsch, Katharina Pichler, Felix Rech, Martin Schwab, Florian Teichtmeister, Andrea Wenzl
Dieses seltsame musikalische Sammelsurium als „Oper“ zu titulieren ist schon mutig, wenn man anderes zeitgenössisches Musiktheater kennt. „Endzeit-Musical“ hätte es vom künstlerischen Anspruch her besser getroffen. Dabei ist die Musik und deren wichtigstes Stilmittel, regelmäßig eine einfallslose ohrenbetäubende Kakophonie bei dramaturgischen Einschnitten ertönen zu lassen, noch das Beste des Abends. Der szenische Teil gehört nämlich zum schlechtesten Theater, das ich seit langem sah. Ich wage sogar die Hypothese, dass in Wien noch nie so viel Kitsch mit so viel technischem Aufwand auf eine Bühne gebracht wurde. Die Drehbühne ist aufwändig mit unterschiedlichen Stationen drapiert, von einer Flugzeugkabine über ein Krankenhauszimmer bis hin zu diversen Gerüsten. Dazwischen ein paar „apokalyptische“ Requisiten aus der Klischeekiste, wie etwa rauchende Mülltonnen und jede Menge Kunstnebel. Viele riesige Monitore auf denen, wie inzwischen ja so oft, Live-Videofeeds übertragen werden. Passend zur mangelnden Qualität des Abends gibt es auch technische Probleme. Nach dem Beginn fuhr auf einem der Bildschirme ein Konfigurationsmenü majestätisch im Kreis. Damit aber nicht genug: Der Ton war sehr oft nicht lippensynchron. Ganz so, als hätte man sich eine schlechte Raubkopie aus dem Internet geladen.
Es wird den ganzen Abend nicht klar, was er künstlerisch bezwecken soll. Das Bühnenbild ist offensichtlich teilweise satirisch gemeint. Das passt so gar nicht zu einigen brutalen Spielszenen und zur stellenweise noch brutaleren Musik. Aus der unüberschaubaren Fülle an Texten zur Apokalypse werden wenige Passagen herausgegriffen und mit anderen so kombiniert, dass man ein schlüssiges Auswahlprinzip vermisst. Manchmal geht es um die Kulturgeschichte der Apokalypse, dann wird wieder in offenbar braver Absicht Ernst Jünger und Stephen Bannon zitiert, ohne dass deren peinliche Passagen sich in irgendeiner Form vom Klamauk des Kontextes oder den „ernsten“ Passagen abheben. Warum ausgerechnet die Bannon-Zitate, die ja laut Interviews der Beteiligten eine Schlüsselstelle der Konzeption darstellen, einer Piloten-Witzfigur in den Mund gelegt werden, erschließt sich dem Zuseher nicht. Entweder man zieht so etwas komplett ins Lächerliche, wozu der teilweise Ernst des Abends nicht passt. Oder man nimmt diese Passagen in ihrer Gefährlichkeit ernst, dann darf man sie nicht in einen Klamaukkontext einbetten.
„Dies Irae“ ist eine mit viel Aufwand getarnte inszenierte Ideenlosigkeit, deren Beliebigkeit jeden Kunstwillen vermissen lässt. Ein schrecklicher Theaterabend.