Eines der ungewöhnlichsten historischen Bücher, die ich bisher las. Das liegt weniger am Inhalt, sondern an der Form. Denn eines will Fauvelle auf keinen Fall: Eine klassisches Überblickswerk schreiben. Ob er das aus eigener Motivation macht oder aus Angst vor „postmoderner“ Kritik, ist als Leser für mich schwer auszumachen. Das Ergebnis ist jedenfalls ein Titel, der sich in vierunddreißig nicht sehr lange Kapitel unterteilt. Jedes Kapitel nimmt sich eine konkrete Quelle vor und zieht anhand deren Beschreibung vorsichtige Folgerungen über die Geschichte Afrikas. Das kann ein arabischer Reisebericht ebenso sein, wie ein ausgegrabenes Kunstwerk oder ein größerer archäologischer Zusammenhang. Die Leser*innen werden mit empirischen Mosaikstücken konfrontiert, die sie selbst im Kopf zusammensetzen müssen. Das ist aufgrund der großen geschichtlichen Lücken intellektuell schwieriger als es klingt.
Trotzdem lese ich Das goldene Rhinozeros gerne, weil es einerseits die dünne Decke der Evidenz in Sachen afrikanisches „Mittelalter“ methodisch transparent macht, andererseits aber innerhalb der einzelnen Abschnitte doch für Laien überraschende Befunde zu Tage fördert. Etwa wenn man vom Auffinden von Kauris, einer Muschelwährung, darauf schließen kann, dass Handel bis zu den Malediven betrieben wurde. Interessant ist auch, wie sehr die christliche und arabische Kultur Afrika geprägt hat, und umgekehrt wie früh sich afrikanische Stereotypen bereits in arabischen Quellen finden lassen.
Wer mit dem beschriebenen Konzept des Buches gut leben kann, dem wird eine spannende Lektüre geboten. Es gibt allerdings bessere Überblicksdarstellungen über die afrikanische Geschichte. Ein Beispiel dafür stelle ich in meiner nächsten Notiz vor.
Francois-Xavier Fauvelle: Das goldene Rhinozeros. Afrika im Mittelalter (C.H. Beck)