Yevgeny Zamyatin: We

Ich lese den Roman primär aus literaturgeschichtlichem Interesse, soll er doch die großen dystopischen Klassiker des 20. Jahrhundert maßgeblich beeinflusst haben: Huxleys Brave New World (1932), Orwells 1984 (1949) und Bradburys Fahrenheit 451 (1953).

Zamyatin als Autor klingt ebenfalls sehr interessant. Ein Schiffsbauingenieur, der sich sehr schnell vor dem bolschewistischen Totalitarismus ekelt und deshalb einer der ersten sowjetischen Dissidenten wird. Er verarbeitet seinen Frust also in seinem bekanntesten Roman We (1921), in dem er einen weit in der Zukunft liegenden Totalitarismus entwirft, der scheinbar auf Wissenschaft und Vernunft basiert. Die Untertanen haben dementsprechend keine Namen mehr, sondern werden durchnummeriert.

Unser Held ist D-503, ein loyaler Mathematiker und Ingenieur im Dienst des Benefactors, wie der Diktator dieser Gesellschaft heißt. Zamyatin nimmt die kapitalistischen Managementprinzipien eines Frederick Taylor, denkt diese weiter und baut daraus seine totalitäre Gesellschaft auf. Selbstverständlich ist auch die Überwachung total: Alle wohnen in Glasstrukturen, die jederzeit von allen einsehbar sind. Ein bis heute treffendes Bild, sitzen wir inzwischen doch alle in den digitalen Glaskästen der großen Techkonzerne.

Auch die literarische Form ist nicht uninteressant. Wir lesen das Tagebuch des D-503, der sich von einer loyalen Drohne des Benefactors hin zu einem Widerstandskämpfer entwickelt. Dabei spielt selbstverständlich eine mysteriöse Frau eine zentrale Rolle.

Als dystopischer Klassiker, passt We hervorragend ins Jahr 2025. Ich las eine passable englische Übersetzung auf dem Kindle. Würde aber vorher erst die drei Bücher oben lesen, falls noch nicht geschehen.

Yevgeny Zamyatin: We (Sanage Publishing House)

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