Schöne Jugend
Der Mund eines Mädchens
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach,
war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die andern lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten!
Dieses schöne Gedicht stammt aus dem ersten veröffentlichten Gedichtband Gottfried Benns, der im März 1912 erschien. Um dieses Jubiläum zu feiern, brachte Klett-Cotta eine wohlfeile neue Ausgabe heraus:
Gottfried Benn: Morgue und und andere Gedichte (Klett-Cotta)
Mein Lieblingsgedicht von ihm ist „Kleine Aster“.