„Ein rechtsphilosophischer Essay“
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1998 wurde Norbert Hoerster aufgrund kontroverser (und völlig missverstandener) Thesen zur Bioethik von seinem Lehrstuhl geekelt, ein Ereignis, dass der akademischen Freiheit in Deutschland nicht das beste Zeugnis ausstellte.
Erfreulicherweise ließ sich der Philosoph aber nicht mundtot machen, wie dieser Essay zeigt. Hoerster trägt darin erfrischend klar argumentiert seine Position zum Embryonenschutz vor. Selbst wenn man seine Auffassung nicht in allen Punkten teilt, ist dieser Essay mit zahlreichen produktiven Denkanstößen verbunden, etwa im Nachweis der Widersprüchlichkeit der deutschen Abtreibungsregelung. Hoerster stellt dieser intellektuell unbefriedigenden Situation seine konsistente, auf Interessenethik beruhende Auffassung gegenüber. Dass er Embryonen „nur“ ein schlichtes, kein fundamentales Lebensrecht zuspricht, wird wohl wieder zu übler Nachrede führen, weil das daran anschließende Kapitel, warum trotzdem gewisse Schutzrechte angebracht sind, aus polemischen Gründen überlesen worden sein wird.
Ich bin nicht der Ansicht, dass Hoerster aufgrund seiner „völlig missverstandenen“ Thesen frühzeitig emeritiert wurde. Ich denke, dass seine verheerenden und unsäglichen Thesen vollkommen „richtig“ verstanden wurden und dies dazu führte, dass Hoerster seinen Lehrstuhl an der Universität Mainz räumen musste. Mein Mitgefühl diesbezüglich hält sich in sehr engen Grenzen! Die akademische Freheit findet spätestens dort ihre Grenzen, wo die Freiheitsrechte anderer (im Falle Hoersters die der Behinderten) mißachtet und mit Füßen getreten werden. Insofern hat es Hoerster angesichts seiner Meinung, man solle behinderte Kinder töten, weil sie kein Lebensrecht hätten, selbst zu verantworten, dass er an der und für die Universität Mainz unhaltbar wurde. Im übrigen, was gibt es an dieser zentralen Aussage Hoersters falsch zu verstehen???
Eckhard Heesch
@EH:
Nein, Sie haben Hoerster nicht missverstanden. Sie haben ihm einfach eine frei erfundene These zugeschrieben („Man soll behinderte Kinder töten“). Hut ab vor diesem Musterbeispiel intellektueller Redlichkeit!