Anthony Grafton: Leon Battista Alberti

„Baumeister der Renaissance“

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[Siehe auch Leon Battista Alberti und die Kunsttheorie, „Über die Vorzüge und Nachteile der Literatur“ und Noch einmal Alberti.]

Der Autor war mir bisher nur durch seine durchwegs lesenswerten Beiträge in der New York Review of Books bekannt. Höchste Zeit also, dachte ich, einmal ein Buch von ihm zu lesen, und griff zu seiner gut sechshundert Seiten umfassenden Alberti-Monographie.Seit Jacob Burckhardt in seiner klassischen Renaissance-Studie Alberti als paradigmatischen Menschen dieses Zeitalters pries, war das Interesse der Gelehrten geweckt. An Forschungsliteratur gibt es keinen Mangel, die Meinungen über ihn gehen jedoch weit auseinander. Vom hoffnungslosen Dilettanten ist ebenso die Rede wie vom begnadeten Vorläufer Leonardo da Vincis.Grafton, Geschichtsprofessor an der Princeton University, wagt den Versuch einer Synthese. Baumeister bzw. „master builder“ im Original ist mehrdeutig. Wer die Biographie eines Architekten erwartet, wird enttäuscht werden. Alberti war ein Multitalent: Altphilologe, Archäologe, Ingenieur, Kunstphilosoph- und kritiker, Stadtplaner, humanistischer Bücherschreiber. Die neun Kapitel des Buches nehmen sich jeweils eines Themas an, und Grafton ist sehr bemüht, am Beispiel seines Helden dem Leser den kulturgeschichtlichen Kontext nahe zu bringen. Besonders gelungen sind die Abschnitte über Albertis neue Ästhetik und seine Architekturtheorie. Hier stellt Grafton einen fulminanten Vergleich mit den Schriften Vitruvs her, dem antiken Standardwerk in Sachen Baukunst. Die Fülle an spannenden Details sei an einem Beispiel demonstriert. Wer glaubt, gewisse avantgardistische Maltechniken seien erst im 20. Jahrhundert entstanden, wird (wie ich) über folgende Passage sehr erstaunt sein:

Autoren aus antiker Zeit, vor allem Plinius, hatten die Existenz von „zufällig entstandenen Bildnissen“ vermerkt. Angeblich haben sich einige Maler der Renaissance, etwa Leonardo, zuweilen durch eine aleatorische Praxis inspirieren lassen, die die Natur imitierte: Beispielsweise warf man einen Schwamm an die Wand, um dann an den durch das Aufklatschen entstandenen Zufallsbildern und -ähnlichkeiten weiterzuarbeiten. [S. 475]

Wer immer an Kulturgeschichte, Renaissance, Architektur(theorie), Kunstgeschichte, Ästhetik, der Antike oder Städtebau Interesse hat: read it 🙂

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