Reise-Notizen Berlin: Bode-Museum und “Novos Mundos” im Deutschen Historischen Museum

25. und 27.10. 2007

Hymnisch wurde es nach der Eröffnung im Oktober letzten Jahres gepriesen, das frisch renovierte Bode-Museum. Nach zwei ausführlichen Besuchen bin ich versucht, in diese Lobpreisungen einzustimmen. Es ist eines der schönsten Museen, die ich bisher sah. Damit ist in erster Linie gar nicht die großartige Skulpturensammlung gemeint, die den Grundstock des Hauses bildet, sondern das ästhetische Zusammenspiel zwischen Architektur und den Kunstwerken. Die großzügigen Räume sind ideal für die dreidimensionale Kunstform und die beiden Kuppelhallen sowie die Basilika runden als Raumkunstwerke die Ausstellung ab. Die Skulpturen sind in chronologisch-geographischer Ordnung zu sehen. Darunter zahlreiche Meisterwerke aus der Renaissance und aus der Spätgotik. Die fulminanten Plastiken Tilman Riemenschneiders alleine rechtfertigen eine Reise nach Berlin. Ergänzt wird die Skulpturensammlung durch die Exponate des Byzantinischen Museums, die nun ebenfalls in diesem schönen Bau zu sehen sind, darunter ein großes (allerdings aufgrund der Restaurierung nur bedingt originales) byzantinisches Mosaik. Eine Reihe von Räumen schließlich sind dem Münzkabinett gewidmet, in dem viele antike Münzen ausgestellt werden, darunter auch persische aus der Zeit der Perserkriege.

Das Deutsche Historische Museum zeigt seit dem 24. Oktober eine Sonderausstellung über „Portugal und das Zeitalter der Entdeckungen“ (Novos Mundos), die nicht zuletzt als eine Art Hommage an die portugiesische Ratspräsidentschaft gedacht war, welche die deutsche im Juli ablöste. Eine Besichtigung der umfangreichen Schau dauert inklusive Audioführung etwa zweieinhalb Stunden und die abschließende Bewertung fällt ambivalent aus. Was die Exponate angeht, kann man die hochkarätige Auswahl nur loben. Zahlreiche alte Bücher, Karten, Dokumente, Modelle etc. sind zu sehen. Selbst wenn man am Thema der Ausstellung kein allzugroßes Interesse hätte, lohnte sich ein Besuch schon wegen der vielen wertvollen Bücher. Frühe Drucke von Marco Polo, der Schedelschen Weltchronik, Brants „Narrenschiff“ uvm. finden sich in den Vitrinen. Kurz, ein Fest für Bücherfreunde.

Die Schattenseite der Ausstellung liegt im Fehlen jeglicher kritischer Perspektive. Die Entdeckungsgeschichte wird im wesentlich als großes romantisches Abenteuer dargestellt, die wirtschaftshistorischen Zusammenhänge nur an der Oberfläche gestreift. Kein Wort zu neueren Forschungsergebnissen, etwa der Wertmetallströme über Europa nach Asien und deren Folgen. Selbst die Missionierung wird ohne ein kritisches Wort thematisiert. Es ist im Gegenteil sogar von „brutalen Christenverfolgungen in Japan“ die Rede, ganz so als hätte ein Jesuit diese Räume kuratiert.

Man kann sich also der großartigen Ausstellungsstücke erfreuen, bekommt aber inhaltlich nichts Neues geboten. In der Tat ein Geschenk an die portugiesische Regierung.

Berlin-Reise im Oktober 2005

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